Klassische Kartoffel Konzerte Kolumne zum 26. Konzert

26 Konzert 1024 x 768 (3)KZ im Kopf

Oft habe ich Journalisten verteidigt, sehr oft. Logisch oder, ich bin ja selbst einer? Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn es sind ja auch die Leserinnen und Leser, die Fernsehzuschauer, deren Mediengeschmack bestimmt, was meine Kollegen an Beiträgen oder Sendungen produzieren. Spätestens in meiner Zeit bei einem großen Online-Nachrichtenportal konnte ich hautnah erleben, dass es zwar eine Pressefreiheit gibt, sich die Redaktionen jedoch meist die Freiheit nehmen, von dieser Freiheit keinen Gebrauch zu machen. Experten nennen es die „Schere im Kopf“, wenn Journalisten die unbequeme, womöglich verstörende Wahrheit ignorieren. Lieber wird Tratsch oder Quatsch verbreitet, mit großen Buchstaben emotionalisiert, von C-Promis berichtet, was Otto Normalverbraucher vermeintlich gern konsumiert beziehungsweise zu konsumieren gewohnt ist.

Und tatsächlich geben Ihnen Einschaltquote, Abonnenten oder Klickzahlen im Internet Recht! Anspruchslosigkeit hat Hochkonjunktur. Ein verheerender Kreislauf. Aber leider gibt es den Punkt, an dem die ignorierte Wahrheit zur Lüge wird, die Rolle der Medien als vierte Gewalt der Gesellschaft ad absurdum geführt wird.

NUKLA_LOGO_1Denken wir an die erschütternden Lügen im Afghanistan-, Irak- oder Jugoslawienkrieg. Bei letzterem habe ich vor allem das Foto von einem „serbischen KZ“ im Auge: ausgemergelte Gestalten hinter Stacheldraht, wofür der peinliche Journalistenkollege sogar ausgezeichnet wurde. Es war ein ausdrucksstarker Schnappschuss, der die herrschende Meinung perfekt illustrierte und im Westen gern geglaubt wurde. Nur dumm, dass er selbst in das von Stacheldraht gesäumte Areal gegangen war und nach draußen fotografierte!

So werden wir Journalisten manchmal Schlagzeilen-Huren. Meine Überschrift ist ja auch nicht ohne Knalleffekt. Nun möchte ich aber eigentlich für das 26. Klassische Kartoffel Konzert zu Gunsten des Leipziger Auwaldes werben. Das passt schon, denn bedauerlicherweise ist auch der Lokaljournalismus allzu oft von der herrschenden Meinung infiziert. Vielleicht ist es ein guter Anfang, schlechtes Fernsehen und schlechte Zeitungen zu meiden, oder zumindest das Dargebotene kritisch zu hinterfragen. Wenn zum Beispiel ein Auwald dadurch charakterisiert ist, alljährlich unter Wasser zu stehen – warum finden wir es okay, wenn er eingedeicht und ihm so das Leben spendende Nass vorenthalten wird?

26.Konzert am Sonntag, 27.03.2016 um 19:30 Uhr, Alte Börse: „rhythmic contacts“ mit dem Kammerorchester artenfaltung

Frank Willberg

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